„Bitte machen Sie Ihren Oberkörper frei.“ Noch beginnen mit diesem Satz häufig ärztliche Untersuchungen. Noch. Schon bald könnte der Satz lauten: „Bitte atmen Sie einmal kräftig aus.“ Denn die Forschung auf dem Gebiet der Atemgas-Messsysteme macht große Fortschritte. Das Ziel ist klar: Die Diagnose von Krankheiten einfacher und schmerzfrei gestalten.
Mehrere Stiche in die Fingerkuppe oder mehrfach Blut aus der Vene entnehmen – die Diagnose von Diabetes geht heutzutage meist noch mit der wiederholten Messung der Zuckerwerte im Blut einher. Dabei kann man Diabetes riechen. Ein leicht s üßlich-fruchtiger Geruch in der Atemluft deutet auf die Erkrankung an dieser Stoffwechselkrankheit hin.
Diese zugegebenermaßen sehr vage Untersuchungsmethode lässt sich inzwischen auf solide Füße stellen. Denn die Atemluft des Menschen gleicht einem gasförmigen Profil seines Gesundheitszustandes. Darin enthalten sind mehrere hundert flüchtige organische Verbindungen. Viele dieser Verbindungen weisen als so genannte Biomarker verlässlich auf Krankheiten hin. Der Biomarker für Diabetes ist zum Beispiel Aceton, ein Fettabbauprodukt.
Solchen Biomarkern auf der Spur sind die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt sowie die bayerische Firma Geratherm Respiratory GmbH. Beide haben in einem Gemeinschaftsprojekt unter Mitwirkung von Prof. Dr. Walter Kullmann den Prototypen eines Atemgas-Messsystems zur nichtinvasiven Diagnostik entwickelt. Damit lassen sich Erkrankungen der Lunge sowie Stoffwechsel- und Krebserkrankungen nachweisen.
Für eine Untersuchung atmet ein Patient kräftig in das Mundstück des Messsystems. Die Atemgase gelangen in eine innen vergoldete Messkugel-Kammer. In diese Kammer trifft thermische Infrarot-Strahlung. Pyroelektrische Detektoren mit spezifischen Filtern messen die Transmission des Gasgemisches. Die Messergebnisse dienen als Grundlage der medizinischen Diagnose. Der Biomarker Aceton lässt sich so mit einer Sensitivität von 3 bis 13 parts per billion pro Digit nachweisen. Diese außerordentliche Empfindlichkeit schafft die Voraussetzung für die Früherkennung und das Monitoring von Diabetes mellitus. Und das ohne einen einzigen Piks.
Ein Vorteil von pyroelektrische Detektoren liegt in der Vielseitigkeit ihrer Einsatzmöglichkeiten. Gase und Gasgemische detektieren und analysieren, die stoffliche Zusammensetzung organischer und anorganischer Verbindungen untersuchen, Flammen überwachen – all das ist in unterschiedlichster Form in einer Vielzahl von Branchen von großer Bedeutung. Anhand ausgewählter Beispiele können Sie einige der möglichen Anwendungen näher kennenlernen und gewinnen im besten Falle wertvolle Anregungen für die Lösung eigener Mess- und Prüfaufgaben.