Mikroelektromechanische Systeme (MEMS) bieten eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten auf dem Gebiet der Nanotechnologie. Alltagsbeispiele sind die Lageerkennung von Mobiltelefonen sowie der Einsatz in Airbags, Digitalkameras oder Herzschrittmachern. Weitere Applikationen sind vor allem im Bereich miniaturisierter medizinischer Diagnostik zu finden. Wachsende Ansprüche an die Miniaturisierung betreffen gleichermaßen die dafür erforderlichen Systemlösungen als auch die zu entwickelnden Sensoren und Steuerelemente.
Die Professur Mikrosysteme und Medizintechnik der Technischen Universität Chemnitz beschäftigt sich mit Mikroantrieben auf MEMS-Basis, die als Steuerplattform für Untersuchungen an Nanokomponenten dienen sollen und nur wenige Mikrometer klein sind. Ähnlich wie bei konventionellen elektromechanischen Positioniertischen mit drei Freiheitsgraden soll auch im Mikromechanischen eine hochgenaue und horizontale bzw. vertikale Beweglichkeit von Bauteilen ermöglicht werden.
Technische Universität Chemnitz
Professur Mikrosysteme und Medizintechnik
www.tu-chemnitz.de/etit/microsys/index.php
Dr. Sebastian Voigt
Thermografiesystem
ImageIR® 9300 Wärmebildkamera
Seit mehr als 20 Jahren verfügt die Professur über Erfahrung im Bereich elektrostatischer Aktoren. Bei den hier vorgestellten Steuerelementen sind diese jedoch ungeeignet, da die entsprechenden Untersuchungen von MEMS an Elektronen-mikroskopen durchgeführt werden, deren Felder sich störend auswirken würden.
Als Alternative kommen thermische Antriebe zum Einsatz, bei denen die elektrische Leistung über Erwärmung in Bewegung umgewandelt wird. An der Technischen Universität Chemnitz wurden bereits Prototypen entwickelt, die Bewegungen mit einer Genauigkeit von bis zu 2 µm und 0,3° ermöglichen.
Eine solche Präzision zu erreichen, erfordert eine genaue Analyse der Materialparameter an den verwendeten Aktoren. Wie bei thermischen Antrieben zu erwarten, ist der wichtigste Faktor eine möglichst genaue Messung der Komponententemperatur. Durch die sehr kleinen Abmessungen und mechanischen Besonderheiten dieser ungewöhnlichen Messobjekte sind die Anforderungen an die zum Einsatz kommende Thermografiekamera extrem hoch. Aufgrund der nur wenige Mikrometer großen Komponenten ist eine möglichst hochvergrößernde Infrarot-Mikroskopoptik erforderlich. Durch den großen Infrarotdetektor der ImageIR® 9300 mit (1.280 × 1.024) IR-Pixeln ist es zudem möglich, auch die Peripheriekomponenten um die Stelltriebe herum zu erfassen.
An der Technischen Universität Chemnitz kommt eine ImageIR® 9300 mit 8,0×-Mikroskopobjektiv zum Einsatz. Mit dem verwendeten Spektralbereich von (1,5 … 5,5) µm ist man hier am physikalischen Limit des Auflösungsvermögens angelangt. Die gewonnenen Messwerte ermöglichen dank experimenteller Emissionsgradbestimmungen einzelner Testmaterialien eine Ermittlung von Wärmeaustragskoeffizienten und weiterer Materialparameter. Die Auswertung erfolgt mit der IRBIS® 3 professional Thermografiesoftware. Zusätzlich wird ein Lock-In-Thermografie-Prüfplatz mit der InfraTec IRBIS® active zur Echtzeit-Aktivthermografie verwendet. Da man auf Silizium und Aluminium misst, sind die Emissivitätskoeffizienten hier sehr gering und bedürfen einer sorgfältigen Anwendung spezieller Korrekturmodelle, die in der verwendeten IRBIS®-Software hinterlegt sind.
Die vorgestellten Ergebnisse veranschaulichen die thermischen Prozesse innerhalb der MEMS-Strukturen sehr deutlich. Dennoch bleiben Details, die zu klären sind:
Die Arbeit an der Neugestaltung der Aktoren, um thermisches Übersprechen der Komponenten zu reduzieren.
Die Suche nach einer Messmethode für die ganzheitliche Bewegungserfassung, die auf einer automatisierten Bildauswertung der Thermografiebilder basiert.
Ebenfalls im Blick hat man den Versuch einer Quantifizierung der thermoelastischen Dämpfung in den MEMS-Federn bei Anregungsfrequenzen bis ca. 10 kHz. Bei diesen Untersuchungen wird auch die hochpräzise Triggerschnittstelle der ImageIR® 9300 gefordert, um mit Hilfe der Aktivthermografie schnell und präzise folgen zu können. An diesem Punkt wird die Fähigkeit der Lock-In-Thermografie, kleinste Temperaturdifferenzen darstellen zu können, verstärkt zum Tragen kommen.
Gerade auf dem Gebiet der miniaturisierten medizinischen Diagnostik und Analytik werden zukünftige Anwendungen noch stärker auf nanotechnologische Komponenten zurückgreifen. Durch die vorgestellten Untersuchungen und den Einsatz der ImageIR® 9300 gewinnt man Einblicke in das Verhalten dafür erforderlicher MEMS-Bauteile, um deren Entwicklung voranzubringen.