1. Thermografie
  2. Physikalisches Prinzip

Physikalische Grundlagen

Erfahren Sie mehr über:

  • Das Prinzip der Infrarot-Strahlungstemperaturmessung

  • Gesetze der Thermografie

  • Messobjekte und Messanordnungen

  • Einflüsse durch das Messgerät

  • Messergebnisse

  • Die korrekte Messung

Prinzip der Infrarot-Strah­lungs­tem­pe­ra­tur­mes­sung

Die Verfahren der berührungslosen Temperaturmessung, zu denen Infrarot-Temperaturmessverfahren wie Pyrometrie oder Infrarot-Thermografie zählen, beruhen auf dem physikalischen Phänomen, dass Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes von 0 K (-273,15 °C) elektromagnetische Strahlung aussenden. Bestimmt man deren Intensität, ist man in der Lage, daraus die Temperatur des aussendenden Körpers durch Berechnung zu ermitteln.

Infra­rot­strah­lung im elek­tro­ma­gne­ti­schen Spek­trum

Infrarotstrahlung (kurz: IR-Strahlung) ist jener Teil des elektromagnetischen Spektrums, der sich an der langwelligen Seite des sichtbaren Spektrums an das rote Licht bei einer Wellenlänge von ca. 760 nm anschließt und sich bis zu ca. 1 mm Wellenlänge erstreckt.

InfraTec Spektralbereiche
Elektromagnetisches Spektrum

Für die technische Temperaturmessung ist dabei der als thermisches Infrarot bezeichnete Bereich von 0,8 µm bis etwa 12 µm Wellenlänge von Bedeutung. Dieser lässt sich – nach DIN 54190 – nochmals in folgende Abschnitte untergliedern:

Wellenlänge Teilbereich der Infrarotstrahlung
(0.8 … 2) µm Kurzwellen-Infrarot, umgangssprachlich: Nahes Infrarot (SWIR)
(2 … 6) µm Mittelwellen-Infrarot, umgangssprachlich: Mittleres Infrarot (MWIR)
(6 … 20) µm Langwellen-Infrarot, umgangssprachlich: Fernes Infrarot (LWIR)
Hinweis

Die Begriffe Nahes, Mittleres und Fernes Infrarot werden in vielen deutschen und englischen Publikationen für obige (oder ähnliche) Grenzen genutzt. Korrekter ist die Verwendung von SWIR, MWIR, LWIR. Oft wird der LWIR-Bereich auch bis 14 µm erweitert.

Die Infrarotstrahlung gleicht – mit Ausnahme der Wellenlänge – dem sichtbaren Licht:
  • Ausbreitung in alle Richtungen ohne Notwendigkeit des Vorhandenseins von Materie

  • Höchste Ausbreitungsgeschwindigkeit ist Lichtgeschwindigkeit (wird im Vakuum erreicht)

  • Gültigkeit der optischen Gesetzmäßigkeiten

Gesetze der Ther­mo­grafie

Strah­lung in Abhän­gig­keit von der Tempe­ratur

Aus thermodynamischer Sicht ist Temperatur ein Maß der inneren Energie eines Körpers. Die innere Energie basiert u. a. auf der Bewegungs- bzw. Schwingungsenergie der Moleküle, Atome und Elektronen. Je höher die Temperatur, desto größer ist diese Energie, was sich aus den schnelleren Bewegungen obiger Teilchen erklärt. Ist die Temperatur 0 K (absolut tiefste Temperatur mit -273,15 °C), bewegen sich die Teilchen nicht.

Die Geschwindigkeit der Teilchenbewegung – und damit auch das Energieniveau derselben – hängt somit von der Temperatur ab. Die Teilchen geben von Zeit zu Zeit Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung und einem Photon ab, während sie auf ein niedrigeres Energieniveau wechseln. Andere Teilchen im Körper nehmen das Photon und die Strahlungsenergie auf und erreichen somit ein höheres Energieniveau. Innerhalb des Körpers stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Energieabgabe und -aufnahme ein. Der hier beschriebene Vorgang entspricht der Wärmeleitung innerhalb eines Körpers.

An der Körpergrenze dagegen kommt es zur Energieabgabe in Form elektromagnetischer Strahlung und Photonenaussendung, insofern die Umgebung eine niedrigere Temperatur hat als der Körper. Ist dagegen die Umgebung wärmer als der Körper, spielt sich der Vorgang in entgegengesetzter Richtung ab: der Körper nimmt Energie aus der Umgebung auf und erwärmt sich; es erhöht sich also seine innere Energie.

Dabei kann ein weiterer interessanter Zusammenhang beobachtet werden: Mit höherer Temperatur bewegen sich die Teilchen nicht nur mit höherer Geschwindigkeit, sie wechseln ihr Energieniveau auch öfter und schneller. Daher wird die Menge der abgestrahlten Energie mit der Temperatur stetig größer, sowie die Frequenz der Strahlung immer höher (die Wellenlänge verkürzt sich).

Strah­lungs­ge­setze des Schwarzen Strah­lers

Die in der Praxis vorkommenden Körper weisen sehr vielfältige Strahlungseigenschaften auf. So hat es sich bewährt, zunächst die vereinfachten Gesetzmäßigkeiten für einen Modellkörper mit idealen Strahlungseigenschaften zu betrachten, um sie dann auf die real vorkommenden Objekte anzuwenden. Dieser Modellkörper ist in der Strahlungsphysik der Schwarze Strahler. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er von allen Körpern gleicher Temperatur die größtmögliche Intensität der ausgesandten Strahlung aufweist.

Folgende Gesetze spielen für die Thermografie eine wichtige Rolle

  • STEFAN-BOLTZMANNsches Gesetz

  • WIENsches Verschiebungsgesetz

  • PLANCKsches Strahlungsgesetz

STEFAN-BOLTZ­MANN­sches Gesetz

Betrachtet man bei einem idealen Strahler die Menge der vom Körper insgesamt ausgesandten Strahlung in Abhängigkeit von der Temperatur, so stellt man fest, dass die Strahlungsmenge von der vierten Potenz der Temperatur abhängt. Diesen Zusammenhang nennt man STEFAN-BOLTZMANNsches Gesetz:

InfraTec Formel 1

Aufgrund des einfachen mathematischen Zusammenhanges eignet es sich sehr gut zu groben Abschätzungen – insbesondere bei Berechnungen zum Wärmehaushalt von Objekten sowie für die Zusammenhänge bei Gesamtstrahlungspyrometern. Der spektrale Messbereich der meisten Infrarot-Messgeräte ist jedoch aus technischen und physikalischen Gründen stark begrenzt; somit ist diese Gleichung hierfür nicht anwendbar.

WIEN­sches Verschie­bungs­ge­setz

Den Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Wellenlänge der ausgesandten Strahlung gibt das WIENsche Verschiebungsgesetz wieder. Dieses besagt, dass die Wellenlänge, bei der die ausgesandte Strahlung eines idealen Strahlers ein Maximum aufweist, sich mit der Strahlertemperatur verschiebt.

InfraTec Formel 2

Je höher die Temperatur des zu messenden Objektes ist, desto weiter verschiebt sich dessen Strahlungsmaximum zu kürzeren Wellenlängen. Bei Raumtemperatur liegt dieses etwa bei 10 µm.

Strahlungsmaximum in Abhängigkeit von der Temperatur

Körper Temperatur Strahlungsmaximum
Tiefkühlkost -18 °C 11,4 µm
Haut 32 °C 9,5 µm
Kochendes Wasser 100 °C 7,8 µm
Eisen, dunkelrotglühend 600 °C 3,3 µm
Eisen, hellglühend 1.200 °C 2,0 µm

PLANCK­sches Strah­lungs­ge­setz

Die spektrale Verteilung der von einem Schwarzen Strahler ausgesandten Strahlung wird durch das PLANCKsche Strahlungsgesetz beschrieben:

InfraTec Formel 3
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - PLANCKsches Strahlungsgesetz
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - PLANCKsches Strahlungsgesetz

Es ist erkennbar, dass die spektrale Zusammensetzung der ausgesandten Strahlung mit der Objekttemperatur variiert. Bei Temperaturen oberhalb von ca. 500 °C werden auch Strahlungsanteile im sichtbaren Bereich ausgesandt. Bei Temperaturen unterhalb 500 °C sind Strahlungskomponenten im sichtbaren Bereich (Licht) wegen ihrer geringen Intensität praktisch nicht nachweisbar. Weiterhin ist festzustellen, dass die Strahlungsintensität jeder Wellenlänge mit steigender Temperatur zunimmt.

Durch Integration der spektralen Strahlungsintensität über alle Wellenlängen erhält man die Menge für die gesamte vom Körper ausgesandte Strahlung. Diese Berechnung gleicht der Anwendung des STEFAN-BOLTZMANNschen Gesetzes. Das WIENsche Verschiebungsgesetz ergibt sich durch Differenzierung der PLANCKschen Gleichung.

Das Mess­ob­jekt

Der Schwarze Strahler als strahlungsphysikalisches Modell ist für die Betrachtung der grundlegenden Zusammenhänge unerlässlich. Da praktische Messobjekte jedoch mehr oder minder stark von diesem Modell abweichen, ist es notwendig, diesen Einfluss bei der Messung zu berücksichtigen. Hierfür eignet sich der Emissionsgrad, der ein Maß für das Vermögen des Körpers ist, Infrarotstrahlung auszusenden. Der Schwarze Strahler besitzt mit dem Wert 1 (= 100 %) den größtmöglichen Emissionsgrad, welcher zudem unabhängig von der Wellenlänge ist.

Der Emissionsgrad realer Messobjekte kann dagegen von der Wellenlänge abhängig sein und wird in erster Linie durch folgende Parameter beeinflusst:
  • Materialzusammensetzung (Oberfläche)

  • Rautiefe der Oberfläche

  • Betrachtungswinkel zur Flächennormalen

  • Objekttemperatur

Eine Vielzahl nichtmetallischer Stoffe weist – zumindest im langwelligen Spektralbereich – unabhängig von ihrer Oberflächenbeschaffenheit einen hohen und relativ konstanten Emissionsgrad auf. Hierzu gehören die menschliche Haut ebenso wie die meisten mineralischen Bau- und Anstrichstoffe.

Spektraler Emissionsgrad von Nichtmetallen
Spektraler Emissionsgrad einiger Nichtmetalle

Weiterhin unterscheidet man helle und dunkle Nichtmetalle, welche je nach Wellenlängenbereich unterschiedliche Emissionsgrade aufweisen. Die sich hiermit aus Sicht der praktischen Thermografie ergebenden Zusammenhänge können folgendermaßen zusammengefasst werden:

LW-Bereich (8 ... 14) µm:

  • Dunkle und helle Nichtmetalle haben nahezu identische Emissionsgrade

  • Farbliche Unterschiede haben somit keinen bedeutenden Einfluss auf das Messergebnis

MW-Bereich (2 ... 5) µm:

  • Dunkle und helle Nichtmetalle haben deutlich unterschiedliche Emissionsgrade

  • Somit ist der Einfluss auf das Messergebnis bei farblichen Unterschieden deutlich

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Spektraler Emissionsgrad von hellen und dunklen Nichtmetallen
Spektraler Emissionsgrad von hellen und dunklen Nichtmetallen
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Emissionsgrad bedingte Temperaturabweichungen von Messobjekten mit einer Lackbeschichtung unterschiedlicher Farben
Emissivity-induced temperature deviations of test objects with a paint coating of different colors

Gegenüber den Nichtmetallen haben Metalle in der Regel einen niedrigen, stark von der Oberflächenbeschaffenheit abhängigen, und zu größeren Wellenlängen hin stark abfallenden Emissionsgrad.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Spektraler Emissionsgrad von Metallen und anderen reinen Stoffen
Spektraler Emissionsgrad von Metallen und anderen reinen Stoffen

Glas ist ein relativ häufig in der messtechnischen Praxis vorkommender Werkstoff. Dieses Material ist für Infrarotstrahlung im langwelligen Spektralbereich undurchlässig, sodass Messungen durch Fensterglas hindurch mittels langwelligen Infrarot-Messgeräten nicht möglich sind. Dagegen besitzt Glas für kurz- und mittelwellige Infrarot-Strahlung bis zu 3,5 µm sehr gute Transmissionseigenschaften, auf Basis derer Temperaturmessungen durch Glas unter Nutzung mittelwelliger Infrarot-Messgeräte (mit Filtern) möglich sind. Während sich Glas im Spektralbereich zwischen 5 µm und 8 µm nahezu wie ein Schwarzer Strahler verhält, beträgt sein Emissionsgrad im langwelligen Spektralbereich nur ca. 85 %.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Spektraler Emissions-, Transmissions- und Reflexionsgrad von Glas
Spektraler Emissions-, Transmissions- und Reflexionsgrad von Glas

Abhän­gig­keit des Emis­si­ons­grades von der Rauh­tiefe

Je rauer eine Objektoberfläche, desto höher ist der zu erwartende Emissionsgrad. Bei Nichtmetallen mit materialabhängig hohen Emissionsgraden spielt dies nur eine untergeordnete Rolle, bei Metallen (mit normalerweise niedrigen Emissionsgraden) dagegen hat die Oberflächenrauheit großen Einfluss auf den Emissionsgrad. Die Erklärung hierfür ist, dass z. B. polierte Metalle Spiegel mit gerichteter Reflexion (und hohen Reflexionsgraden) darstellen, raue Oberflächen dagegen diffuse Reflexion verursachen (wobei die abstrahlende Oberfläche um Größenordnungen größer ist, als bei der polierten Oberfläche) und noch dazu ein Selbstschwärzungseffekt zu verzeichnen ist.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Gerichtete Reflexion
Gerichtete Reflexion
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Diffuse Reflexion
Diffuse Reflexion

Abhän­gig­keit des Emis­si­ons­grades vom Betrach­tungs­winkel

Je nach Material ist eine Änderung des Emissionsgrades in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel feststellbar. Während bei elektrischen Nichtleitern bis zu einem Betrachtungswinkel von ca. 50° ein fast konstanter (zumeist hoher), dann jedoch zunehmend stark abfallender Emissionsgrad beobachtet werden kann, wächst bei leitenden Materialien der Emissionsgrad bei Betrachtungswinkeln unter 50° zunehmend an. Bei extrem spitzen Betrachtungswinkeln kann der höchste Emissionsgrad verzeichnet werden. Diese Zusammenhänge sind insbesondere bei der Bewertung von Thermogrammen gewölbter Oberflächen zu beachten.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Emissionsgrad von Leitern und Nichtleitern in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel
Emissionsgrad von Leitern und Nichtleitern in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel

Emis­sion, Refle­xion, Trans­mis­sion

Bisher beschäftigten wir uns nur mit dem Emissionsgrad als Maß der Fähigkeit des Körpers zur Strahlungsaussendung. Für die praktische Temperaturmessung sind jedoch auch die weiteren strahlungsphysikalischen Eigenschaften der zu messenden Objekte nicht zu vernachlässigen.

Die körperspezifischen Maßzahlen der strahlungsbezogenen Körpereigenschaften sind:

  • Emissionsfaktor ε: Maßzahl der Fähigkeit des Körpers zur Strahlungsaussendung (Emission)

  • Absorptionsfaktorr α: Maßzahl der Fähigkeit des Körpers zur Strahlungsaufnahme (Absorption)

  • Transmissionsfaktor τ: Maßzahl der Strahlungsdurchlässigkeit des Körpers (Transmission)

  • Reflexionsfaktor ρ: Maßzahl der Fähigkeit des Körpers zur Strahlungsspiegelung (Reflexion)

Die obigen Faktoren sind jeweils eine Verhältniszahl im Vergleich zu einem idealen Strahlungsmodell und werden daher ohne Einheit (0 ... 1) oder als Prozentangabe (0 ... 100) % verwendet.

Das KIRCHHOFFsche Gesetz sagt aus, dass die Emissions- und Absorptionsfähigkeit eines Körpers – bezogen auf die gleiche Strahlungswellenlänge – stets gleich ist.

InfraTec Formel 4

Der Schwarze Strahler (Emissionsfaktor ε = 1) ist demzufolge ein idealer Strahler und zugleich auch ein idealer Strahlungsabsorber.

Dem ENERGIEERHALTUNGS-GESETZ entsprechend gilt weiterhin der folgende Zusammenhang zwischen den obigen Faktoren:

InfraTec Formel 5

Aus beiden Gesetzen lassen sich folgende Sonderfälle herleiten:

Bezeichnung Definition Abgeleitete Eigenschaften
Schwarzer Körper
(Idealer Strahler)
ε = 1 τ = 0, ρ = 0
Idealer Spiegel ρ = 1 ε = 0, τ = 0
Ideales Fenster τ = 1 ε = 0, ρ = 0
Undurchlässiger Körper τ = 0 ε + ρ = 1

Aus den abgeleiteten Eigenschaften ergibt sich, dass die Temperatur idealer Spiegel, wie auch idealer Fenster, mittels berührungsloser Verfahren (Pyrometrie, Thermografie) nicht erfasst werden kann, da beide Körpertypen keine Strahlung aussenden. Damit gibt es keine Strahlung, die mit ihrer eigenen Temperatur in Zusammenhang steht.

Mess­an­ord­nungen

Die bisher dargestellten Zusammenhänge bezogen sich auf die Eigenschaften des Messobjektes und dessen Einfluss auf die berührungslose Temperaturmessung. Aus Sicht der praktischen Temperaturmessung spielen aber auch die Beschaffenheit der Messstrecke, des Messgerätes sowie das Vorhandensein von Störstrahlungsquellen im Vorder- und ggf. im Hintergrund des Messobjektes eine entscheidende Rolle.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Thermografische Messanordnung
Pyrometrisch/thermografische Messanordnung

Einflüsse durch die Mess­strecke

Da die Infrarot-Thermografie ein berührungsloses Verfahren ist, muss die Infrarotstrahlung vom Messobjekt zum Messgerät ein „Übertragungs“-Medium durchqueren, dessen infrarotoptische Eigenschaften das Messergebnis beeinflussen können. In den meisten Fällen ist dieses Medium Luft, aber auch andere Materialien wie z. B. infrarotdurchlässige "Fenster" kommen in der Praxis vor.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Spektraler Transmissionsgrad von Luft
Spektraler Transmissionsgrad von Luft (10 m, 25 °C, 1.013 mbar, 85 % r. F.)

Die Transmission (Durchlässigkeit) der Luft ist sehr stark wellenlängenabhängig. Bereiche mit hoher Dämpfung wechseln sich mit Bereichen hoher Durchlässigkeit (grau hervorgehoben), den so genannten "atmosphärischen Fenstern", ab. Während im Bereich (8 ... 14) µm, dem langwelligen atmosphärischen Fenster, die Transmission auch über große Entfernungen gleichmäßig hoch ist, treten im Bereich (3 ... 5) µm – dem mittleren atmosphärischen Fenster – bereits bei Messentfernungen von einigen zehn Metern messbare Abschwächungen durch die Atmosphäre auf. Insbesondere die Luftbestandteile Wasserdampf und Kohlendioxid haben Einfluss auf die Transmission für Infrarotstrahlung.

Einflüsse durch das Mess­gerät

Wegen den im vorhergehenden Abschnitt behandelten atmosphärischen Fenstern haben Messgeräte für die berührungslose Temperaturmessung sehr begrenzte spektrale Messbereiche und erfassen daher nur einen Bruchteil der vom Messobjekt ausgesendeten Strahlung. Im folgenden Diagramm ist die Auswirkung der spektralen Begrenzung auf die Messempfindlichkeit für einige typische Spektralbereiche dargestellt.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Strahlungs-Temperatur-Kennlinien für verschiedene Spektralbereiche
Strahlungs-Temperatur-Kennlinien für verschiedene Spektralbereiche

Bei Temperaturen über ca. 350 °C ist bei einem Schwarzen Strahler die im Spektralbereich (3 ... 5) µm zur Verfügung stehende Strahlungsintensität höher als im Spektralbereich (8 ... 14) µm. Dagegen können Temperaturen unter 0 °C im Spektralbereich (3 ... 5) µm nur mit geringer Empfindlichkeit, ab ca. -100 °C praktisch überhaupt nicht mehr gemessen werden. Körper dieser Temperatur senden keine praktisch messbare mittel- und kurzwellige Infrarotstrahlung aus (siehe PLANCKsches Strahlungsgesetz).

Pyro­me­tri­sche/​Ther­mo­gra­fi­sche Grund­glei­chung

Um die korrekte Objekttemperatur anzeigen bzw. darstellen zu können, sind die in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Einflüsse zu berücksichtigen und rechnerisch zu kompensieren. Mittel hierzu ist die im folgenden hergeleitete thermografische Grundgleichung.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Pyrometrische/thermografische Grundgleichung
Strahlungsanteile bei pyrometrischer bzw. thermografischer Temperaturmessung

Die von einem Messobjekt der Temperatur Φ mit dem Emissionsgrad ε selbst ausgesandte Strahlung ϑO berechnet sich:

InfraTec Formel 6

wobei Φ(ϑO) die von einem Schwarzen Strahler gleicher Temperatur ausgesandte Strahlung beschreibt. Zusätzlich hierzu gehen von der Oberfläche des Messobjektes zwei weitere Strahlungsanteile:

InfraTec Formel 7 & 8

aus, welche sich mit diesem additiv zu jener Strahlungsintensität verknüpfen, die in die Messstrecke eintritt:

InfraTec Formel 9

Im praktisch bedeutsamen Fall eines nichttransparenten Messobjektes ist - τ = 0 und die Gleichung

InfraTec Formel 10

vereinfacht sich zu:

InfraTec Formel 11

Es ergibt sich damit folgende vereinfachte Zusammenfassung für die Intensität der aus dem Messobjekt austretenden Strahlung:

InfraTec Formel 12

Diese wird beim Passieren der Messstrecke entsprechend des Maßes ihrer Durchlässigkeit abgeschwächt:

InfraTec Formel 13

Zusätzlich zu der durch die Messstrecke hindurchgeleiteten Strahlung wird am Messgerät die von der Messstrecke selbst emittierte Strahlung registriert:

InfraTec Formel 14

wobei dieser Anteil sich wie folgt berechnet:

InfraTec Formel 15

und man erhält:

InfraTec Formel 16

Setzt man schließlich den Wert für die aus dem Messobjekt austretende Strahlung in diese Gleichung ein, ergibt sich das üblicherweise in einem Thermografiemessgerät bzw. Pyrometer hinterlegte strahlungsphysikalische Modell:

InfraTec Formel 17

Nach der gesuchten Größe, der Objekttemperatur ϑO umgestellt, ergibt sich daraus folgender, während der Messung laufend vom Messgerät zu ermittelnde, Term:

InfraTec Formel 18

Dabei ist Φ(ϑ) die gerätespezifische, insbesondere durch den spektralen Messbereich bestimmte Temperaturkennlinie des Messgerätes (vgl. Strahlungs-Temperatur-Kennlinien für verschiedene Spektralbereiche) sowie Φ-1 deren Umkehrfunktion.

Es ist diesem mathematischen Zusammenhang zu entnehmen, dass neben der gemessenen Strahlungsintensität ΦM weitere Kenngrößen in die Berechnung der Objekttemperatur eingehen:

  • ε ... Emissionsgrad des Messobjektes

  • ϑU ... Umgebungstemperatur

  • τP ... Transmissionsgrad der Messstrecke

  • ϑP ... Temperatur der Messstrecke

Für den häufig vorkommenden Fall von Messanordnungen mit geringer Distanz, innerhalb derer keine nennenswerte Beeinflussung der Infrarotstrahlung durch Wechselwirkung mit dem durchstrahlten Messpfad auftritt, nimmt diese Gleichung folgende vereinfachte, insbesondere in der Pyrometrie übliche, Form an:

InfraTec Formel 19

Es zeigt sich, dass bei Emissionsgraden verschieden von 1 die Umgebungstemperatur in die messbare Strahlungsintensität eingeht und demzufolge auch bei der Korrektur des Emissionsgradeinflusses im Gerät berücksichtigt werden muss.

Anderenfalls, also für das Ideal des Schwarzen Strahlers, vereinfacht sich die Gleichung nochmals und besteht nunmehr nur noch aus der Umkehrfunktion der Temperaturkennlinie des Messgerätes. Die Umgebungstemperatur geht nicht mehr in die gemessene Temperatur ein:

InfraTec Formel 20

Ther­mi­sche Auflö­sung

In vielen Fällen – vor allem, wenn im Bereich der Raumtemperatur bis hinab zur unteren Temperaturmessbereichsgrenze gemessen werden soll – ist dieser Parameter entscheidend für die Bildqualität, da er ein Maß für den Rauschanteil im Infrarotbild ist. NETD steht für "Noise Equivalent Temperature Difference” (rauschäquivalente Temperaturdifferenz) und beschreibt die Änderung der Objekttemperatur, die dem Effektivwert des geräteeigenen Rauschens (meist angegeben bei 30 °C) entspricht. Bei anderen Temperaturangaben ist Vorsicht geboten, da insbesondere bei MWIR-Geräten die NETD bei Verringerung der Objekttemperatur deutlich ansteigt. Die "Rauschfreiheit” des Bildes für das Auge des Betrachters hängt zwar vom gewählten Temperaturbereich ab, aber als Richtwert kann gelten, dass ein NETD-Wert von 1/100 des darzustellenden Temperaturintervalls erreicht werden sollte, z. B. 0,1 K für ein in der Gebäudethermografie übliches Intervall von 10 K.

title="InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Vergleich thermische Auflösung"
Aufnahme links: Aufnahme mit 20 mK Low-Noise-Detektor / Aufnahmen rechts: 50 mK Standarddetektor im Premium-Modus / Aufnahme mit 80 mK Standarddetektor

Geome­tri­sche Auflö­sung/​Bild­feld­größe

Neben dem thermischen hat das geometrische Auflösungsvermögen erheblichen Einfluss auf die mit einem Thermografiegerät erzielbare Bildqualität. Der Parameter IFOV "Instantaneous Field of View” (augenblickliches Bildfeld) beschreibt jenen Raumwinkel, der von einem einzigen Bildpunkt erfasst wird. Um eine gute Wiedergabe von Details und eine korrekte Temperaturmessung zu erreichen, muss dieser Wert möglichst klein sein. Beispielsweise besagt ein Wert von 1,5 mrad, dass bei 1 m Objektentfernung der jedem Pixel zugeordnete Einzelmessfleck einen Durchmesser von 1,5 mm aufweist. Es muss beachtet werden, dass dieser Wert abhängig ist von der verwendeten Optik, also bei Thermografiesystemen mit Wechselobjektiven keinen konstanten kameraspezifischen Parameter darstellt!

"Horizontal Field of View” (HFOV) bzw. "Vertical Field of View” (VFOV) – und den Bildabstand abzudecken. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass eine optische Vergrößerung des Blickfeldes – egal auf welche Weise – auch eine Vergrößerung des Einzelmessfleckes mit sich bringt. (Mit anderen Worten: Die geometrische Auflösung verschlechtert sich bei Vergrößerung des Blickfeldes.).

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Bildfeldgeometrie
Parameter der Bildfeldgeometrie

Bild­auf­nah­me­fre­quenz und Ausle­se­tech­no­lo­gien

Die heute am Markt befindlichen FPA-Thermografiesysteme decken einen breiten Bereich der Bildaufnahmefrequenz ab – es gibt Systeme mit 9, 20, 50, 60 und bis zu 3.000 Hz Bildaufnahmefrequenz (Framerate), wobei auch Zwischenstufen bekannt sind. Dieser Parameter kann sich sehr deutlich auf den Preis auswirken, sodass man gut abwägen sollte, welche Bildaufnahmefrequenz maximal benötigt wird. Thermische Prozesse haben (mit wenigen Ausnahmen) meist große Zeitkonstanten und solange das Objekt unbewegt ist, genügt in vielen Fällen sogar ein Bild je Sekunde.

Sprechen wir über die Bildaufnahmefrequenz, müssen wir aber bei den für „Echtzeit-Syteme“ verwendeten FPA-Sensoren auch noch das zeilenweise bzw. Snap-Shot-Ausleseverfahren näher betrachten. Die kostengünstige zeilenweise Arbeitsweise ist praktisch bei allen Kameras mit FPA-Detektor auf Basis der Mikrobolometer-Technologie zu finden. Diese Sensoren sind relativ langsam und arbeiten mit Integrationszeiten bis zu 8 ms.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Snap-Shot-Aufnahme
Zeilenweise Abtastung bei 60 Hz Frame-Rate (VarioCAM® Serie)
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Zeilenweise Abtastung
Snap-Shot-Aufnahme bei 200 Hz Frame-Rate (ImageIR® mit MCT Detektor)

Mess­er­gebnis

Außer der geometrischen Auflösung beeinflusst die Anzahl der Bildpixel die mit einer Thermografiekamera erreichbare Qualität – genauer gesagt die Detailliertheit – des Thermobildes. Grund hierfür ist, dass ausreichend viele Bildpunkte auf das Objekt entfallen müssen, um dessen Form und Struktur erkennen zu können – die gleiche Situation, wie wir sie bei der digitalen Fotografie gewöhnt sind. Es ist daher leicht zu verstehen, dass bei höherer Pixelzahl entweder die gegebene Objektoberfläche detaillierter oder aber eine größere Objektfläche mit gleichbleibender Detailliertheit aufgenommen werden kann.

Besitzt eine Thermografiekamera nur wenig Bildpunkte, sind zwecks Erreichung entsprechender Detailliertheit viele kleinflächige Aufnahmen anzufertigen, welche danach zur Dokumentation oder Berichterstellung zu montieren sind. Dies ist insbesondere dann unumgänglich, wenn zur Auswertung ein Überblick über die gesamte Objektoberfläche (z. B. längere Wohnblöcke, ausgedehnte Leiterplatten, größere Maschinengruppen, Trockenöfen etc.) notwendig ist.

Die Anzahl der Pixel ist im Falle von Thermografiekameras ein ausgesprochen wesentlicher Parameter. Während wir bei digitalen Fotoapparaten über Auflösungen von mehr als 10 Megapixel sprechen, geht es bei thermografischen Messsystemen typischerweise um 320 x 240 (76.800), 384 x 288 (110.592) oder 640 x 480 (307.200) Bildpunkte. LowCost-IR-Kameras besitzen sogar gerade einmal 160 x 120 (somit nur 19.200) Bildpunkte, mit welchen daher also nur ausgesprochen kleine Objektflächen mit ausreichender Detailliertheit gemessen und dargestellt werden können. Dies schränkt die Anwendungsgebiete solcher Kameras trotz ihres niedrigen Preises stark ein, da mit weit höherem Mess- und Auswerteaufwand kalkuliert werden muss, was wiederum zu bedeutend höheren Lohnkosten führt.

Dank der stürmischen Entwicklung der Detektortechnologien sind heute Thermografiekameras mit (1.024 x 768) bzw. (1.920 × 1.536) IR-Bildpunkten erhältlich, welche diese Auflösung sogar mit bis zu 105.000 Hz Aufnahme-frequenz bieten.

Für spezielle Aufgaben kann durch Anwendung der MicroScan-Technologie die Auflösung der FPA-Detektoren vervierfacht werden. Hierbei wird durch Mikrobewegung des optischen Systems die Strahlungsabbildung um einen halben Pixel (jeweils horizontal und vertikal) abgelenkt und somit auch dort ein Bildpunkt aufgenommen, wo sich vorher die Lücke der Detektormatrix befand.

Die korrekte Messung

Fehler­ein­flüsse bei berüh­rungs­loser Tempe­ra­tur­mes­sung

Wie jedes Messgerät besitzt auch ein berührungsloses Temperaturmessgerät (Pyrometer, Thermografiekamera) einen bestimmten – verfahrens- und gerätespezifischen – Messfehler, jedoch liegt dessen Einfluss auf das Temperaturmessergebnis wesentlich niedriger, als die durch die Messbedingungen und eventuelle Bedienfehler hervorgerufenen Fehler. Mögliche Fehlerquellen (geordnet nach ihrem Messfehlereinfluss) sind die im Folgenden aufgeführten Probleme:

  • Verbleibender systematischer Fehler des Messwandlers nach der individuellen Gerätekalibration

  • Nichtkompensierte Signalabweichungen bei Änderung der Messgerätetemperatur

  • Quantisierungsfehler von Messwertdigitalisierung, -verarbeitung, -ausgabe bzw. -anzeige

  • Alterungsbedingter Drift der Wandlerkenngrößen

Hinweis

Der Einfluss der Messungenauigkeit des Messgerätes auf die Genauigkeit der berührungslosen Temperaturmessung liegt jedoch weit unter dem Ausmaß der durch die vorangehend erwähnten Fehlerquellen verursachten Messfehler.

Fehl­ein­stel­lung von Emis­si­ons­grad und Umge­bungs­tem­pe­ratur

Die Fehleinstellung von Emissionsgrad und Umgebungstemperatur ist in der Messpraxis die bedeutenste Ursache für – zum Teil erhebliche – verfahrensbedingte Messfehler. Wie im vorangegangenen Abschnitt gezeigt, kann das Messgerät nur dann die Objekttemperatur korrekt ermitteln, wenn die Einstellung des Emissionsgrades am Messgerät mit den realen Eigenschaften des Messobjektes übereinstimmt. Dies ist nur dann trivial, wenn es sich bei dem Messobjekt um einen Schwarzen Strahler mit dem Emissionsgrad = 1,0 handelt. Weicht die Einstellung des Emissionsgrades von diesem Wert ab, geht darüber hinaus die Umgebungsstrahlung in die Messwertbildung ein und muss daher ebenso korrekt eingestellt werden. Als Umgebungsstrahlung ist die mittlere Temperatur auf der Innenfläche des die Messobjektoberfläche umgebenden Halbraumes zu verstehen.

Refle­xion von Stör­strah­lungs­quellen aus dem Vorder­grund des Objektes

Bei der bereits im Messgerät (oder ggf. nachträglich bei der softwaregestützten Auswertung) stattfindenden Korrektur des Emissionsgrades, die immer dann erforderlich ist, wenn sich das Messobjekt in seinen Infrarot-Strahlungseigenschaften signifikant vom Ideal des Schwarzen Strahlers unterscheidet, wird der Wert der Umgebungstemperatur zur Korrektur herangezogen. Dies ist immer dann problematisch, wenn die Temperatur der Umgebung inhomogen ist oder auf dem Objekt reflektierende punktuelle Störstrahlungsquellen vorhanden sind.

Signal­ver­luste durch Strah­lungs­ab­schwä­chung auf der Mess­strecke

In der Regel besteht die Messstrecke aus üblicher Atmosphäre, von welcher Infrarotstrahlung in großen Bereichen des infraroten Spektrums (den so genannten atmosphärischen Fenstern) auch über größere Distanzen nahezu unbeeinflusst bleibt. Anders stellt sich die Situation bei abweichenden Eigenschaften (z. B. Nebel, Aerosole, hohe Konzentrationen von CO2, CO, H2O oder anderer Gase) dar bzw. wenn die Messung durch infrarotdurchlässige Fenster, z. B. in das Innere von Öfen oder Vakuumkammern, erfolgt.

Trans­mis­sion von Stör­strah­lung aus dem Hinter­grund des Objektes

Diese Fehlerart tritt nur im vergleichsweise seltenen Fall der Messung an teilweise transparenten Messobjekten auf. In einem solchen Fall (z. B. Messung an Folien, Gasen, teilweise infrarotdurchlässigen Materialien) ist der Hintergrund des Messobjektes ebenso zu betrachten wie der Vordergrund der Messanordnung bezüglich der Reflexionen. Dies kann insbesondere dann problematisch werden, wenn das Messobjekt während des technologisch erforderlichen Aufheizens mittels einer direkt dahinter befindlichen Strahlerbaugruppe zu messen ist.

Quan­ti­ta­tive Fehler­be­trach­tung

Ausgehend von der thermografischen Grundgleichung ist es numerisch möglich, den aus einer Fehleinstellung des Emissionsgrades, der Umgebungstemperatur oder der Transmission der Übertragungsstrecke resultierenden maximalen Temperaturmessfehler rechnerisch zu ermitteln.

Emis­si­ons­be­dingte Tempe­ra­tur­mess­fehler

Im Nachfolgenden wurde anhand obigen Zusammenhanges jener Anteil am gesamten Temperaturmessfehler berechnet, der dadurch entsteht, dass die Einstellung des Emissionsgrades des Messobjektes am Messgerät nicht völlig mit dem realen Wert übereinstimmt.

Fehleinstellung
Emissionsgrad eps

Temperaturmesswert (C°)
  To=60°C
eps=0,9
To=60°C
eps=0,5
To=60°C
eps=0,2
To=20°C
eps belieb.
To=10°C
eps=0,9
To=10°C
eps=0,5
To=10°C
eps=0,2
-0.10 53,4 56,6 74,4 20,0 8,7 7,3 -1,3
-0.08 52,7 54,9 66,6 20,0 9,0 8,0 2,6
-0.06 51,9 53,6 61,0 20,0 9,2 8,5 5,3
-0.04 51,2 52,2 56,6 20,0 9,5 9,0

7,3

-0.02 50,7 51,2 52,9 20,0 9,9 9,5 8,7
0 50,0 50,0 50,0 20,0 10,0 10,0 10,0
+0,02 49,5 49,0 47,5 20,0 10,2 10,4 10,9
+0,04 48,8 48,0 45,6 20,0 10,4 10,7 11,7
+0,06 48,3 47,1 43,6 20,0 10,7 11,2 12,4
+0,08 47,8 46,3 42,2 20,0 10,9 11,4 12,9
+0,10 47,3 45,6 40,7 20,0 11,0 11,7 13,4
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Messfehler durch Fehleinstellung des Emissionsgrades
Messfehler durch Fehleinstellung des Emissionsgrades Lambda = (8 ... 14) µm, TUmgebung = 20 °C]

Es zeigt sich, dass dieser Fehler umso größer ist, je weiter die Objekttemperatur von der Umgebungstemperatur abweicht. Außerdem ist erkennbar, dass insbesondere bei geringen Emissionsgraden des Messobjektes der Fehlereinfluss schnell Größenordnungen annehmen kann, die den Grundfehler des Messgerätes um ein Vielfaches übersteigen.

Dass die Einstellung des richtigen Emissionsgrades problematisch sein kann, wird aus der folgenden Darstellung ersichtlich:

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Spektraler Reflexionsgrad verschiedener Aluminiumproben
Spektraler Reflexionsgrad verschiedener Aluminiumproben (9)

Emissionseigenschaften aus der Literatur zu ermitteln. Meist ist es nahezu unmöglich, eine Literaturstelle zu finden, welche sich auf jene Bedingungen (Spektralbereich, Oberfläche, Korrosionszustand usw.) bezieht, die man selbst am Messobjekt vorfindet. In einem solchen Fall ist eine experimentelle Bestimmung der aussichtsreichste Ausweg.

Mess­fehler durch unge­naue Fokus­sie­rung

Bei der theoretischen Abhandlung der berührungslosen Temperaturmessung wurde bereits darauf hingewiesen, dass die durch den Detektor erfassbare Strahlung vom optischen System des Infrarot-Messsystems abhängt. Besondere Aufmerksamkeit ist u. a. der Fokussierung zu widmen, da bei schlechter Einstellung derselben – im Gegensatz zum allgemein verbreiteten Irrtum – dies nicht nur zu einem unscharfen Thermobild, sondern auch zu verfälschten Messwerten führt.

Der optische Fokus funktioniert bei thermografischen Systemen genau so, wie bei der Fotografie: Aufgabe der in der Kamera befindlichen Sammel- bzw. Fokuslinse ist es, die Strahlung auf die Detektoroberfläche (bei traditioneller Fotografie auf den Film, bei digitaler Fotografie auf den Sensor) zu konzentrieren. Bei schlechter Fokussierung werden die Strahlen bereits vor oder erst nach der Detektoroberfläche „gesammelt”, was zu einem (im Nachhinein nicht korrigierbaren) unscharfen Bild führt.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Korrekte Fokussierung
Richtige Fokussierung
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Korrekte Fokussierung
Gelb zu kurze, blau zu weite Fokussierung

Im Falle der thermografischen Messungen ist das Problem aber noch viel schwerwiegender: Da nur ein Teil der Strahlung auf den Sensor gelangt, wird generell nur eine geringere Strahlungsmenge zur Berechnung der Temperatur herangezogen und daher insgesamt tiefere als die tatsächlichen Temperaturen gemessen. Lokale Maximumwerte liegen deshalb grundsätzlich unter den wirklichen maximalen Objekttemperaturen. Es gelangt jedoch auch Strahlung höher temperierter Bildpunkte durch schlechte Fokussierung auch auf umliegende – niedriger temperierte – Bildpunkte. Für diese wird somit ein Temperaturwert anhand eines Teiles der eigenen und eines Teiles der Strahlung des wärmeren Nachbarpixels berechnet, welcher damit auch über der tatsächlichen Pixeltemperatur liegen kann.

Auswirkung ungenauer Fokussierung auf die Temperaturmesswerte:

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Lötkolben, Maximumtemperatur: 280 °C
Lötkolben, sehr schlecht fokussiert (Maximumtemperatur: 280 °C)
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Lötkolben, Maximumtemperatur: 338 °C
Lötkolben, besser fokussiert (Maximumtemperatur: 338 °C)
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Lötkolben, Maximumtemperatur: 428 °C
Lötkolben, richtig fokussiert (Maximumtemperatur: 428 °C)

Mess­fehler durch Nicht­be­ach­tung der geome­tri­schen Auflö­sung

Wie bereits bei den Kameraparametern erwähnt, hat neben dem thermischen auch das geometrische Auflösungsvermögen erheblichen Einfluss auf die mit einem Thermografiesystem erzielbare Bildqualität und Richtigkeit der Messergebnisse.

Anhand der Zahlenangabe für den Parameter IFOV "Instantaneous Field of View” kann bei gegebener Objektentfernung die Größe des jedem Pixel zugeordneten Einzelmessfleckes bestimmt werden. Da aber nicht bekannt ist, wo genau sich dieser Messfleck abbildet, besteht die Gefahr, dass sich dieser nur teilweise auf dem Objekt befindet. Zur Bestimmung der kleinstmöglichen messbaren Objektgröße muss daher der obige Wert der Messfleckabmessung verdoppelt werden.

Obige Betrachtung setzt voraus, dass sich die Einzeldetektoren auf der Detektormatrix lückenlos aneinanderfügen (das entspräche einem Füllfaktor von 1). Die FPA-Detektoren haben jedoch aus technologischer Notwendigkeit eine Lücke zwischen den Einzeldetektoren. Auch muss mit kleineren Fehlern in der optischen Abbildung gerechnet werden. Daher wendet man zur Sicherheit anstelle der Verdoppelung eine Verdreifachung des Einzelmessfleck-Durchmessers zur Bestimmung der minimalen Objektgröße an.

Jede Mess- oder Prüfaufgabe hat ihre eigenen charakteristischen Rahmenbedingungen. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen Kamera, Detektor und Objektiv perfekt aufeinander abgestimmt sein. Der Bildfeldrechner hilft Ihnen, die passende Kombination zu ermitteln.

InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Ausreichende Geometrische Auflösung
Auswirkung der geometrischen Auflösung auf die Messergebnisse: Ausreichend geometrische Auflösung
InfraTec Thermografie Physikalische Grundlagen - Unzureichende Geometrische Auflösung
Auswirkung der geometrischen Auflösung auf die Messergebnisse: Unzureichende geometrische Auflösung

Beispielberechnung

  • Abstand: 2 m

  • IFOV: 1,5 mrad

  • Einzelmessfleck auf Objekt in 2 m Abstand: 2 x 1,5 mm = 3 mm

  • Kleinstes messbares Objekt: 3 x 3 mm = 9 mm


Eine Ausnahme bildet die Verwendung der MicroScan-Technologie da bei dieser Technologie ein Füllfaktor von 1 (bzw. darüber) erreicht wird und die Lücke in der Detektormatrix damit praktisch „verschwindet”.

Geometrische Auflösung im Blick behalten

Bei Nichteinhaltung der geometrischen Auflösung erfolgt eine Mittelung zwischen Objekttemperatur und Hintergrundtemperatur. Die Messwerte entsprechen dadurch keinesfalls der wirklichen Objekttemperatur und können je nach Hintergrundtemperatur nach oben wie auch nach unten abweichen!

Möglich­keiten zur Fehler­mi­ni­mie­rung

Fehlereinflüsse durch reflektierte bzw. transmittierte Störstrahlungsquellen bei einer Thermografiemessung können meist durch ihr optisches Erscheinungsbild (punkt- oder kreisförmige Objekte im Bild) leicht sofort (während der Messung) identifiziert und somit beseitigt werden. Eine nachträgliche Korrektur ist meist nicht so einfach möglich. Es empfiehlt sich daher, folgende Hinweise zu beachten, die der Unterdrückung von Temperaturmessfehlern durch Störstrahlung und Reflexion dienen:

  • Vor Beginn der Messung sollte die Messanordnung stets auf Reflexionen von Störstrahlungsquellen überprüft werden. Bei Vorhandensein kann durch eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden:

    • Änderung des Messgerätestandortes und damit des Betrachtungswinkels

    • Änderung von Ort bzw. Neigung des Messobjektes (insbesondere bei Labormessungen)

    • Abschirmung von Störstrahlungsquellen mittels infrarot-undurchlässiger; möglichst eine matte Oberfläche besitzenden; Materialien (Papier, Pappe, Schaumpolystyrol, Plexiglas usw.), im Extremfall völlige Einhausung des Messobjektes mit Ausnahme einer Öffnung für das Objektiv des Messgerätes

Quellen der Störstrahlung prüfen

Neben offensichtlichen Störstrahlungsquellen wie Glühlampen, Flammen usw. können in Abhängigkeit von den Reflexionseigenschaften des Messobjektes sowie den Anforderungen an die Präzision der Messung auch Maschinenteile oder gar Personen als solche in Frage kommen.

  • Weicht der Emissionsgrad des Messobjektes deutlich von jenem des Schwarzen Strahlers ab, muss dieser mit möglichst geringer Abweichung zur Realität am Messgerät eingestellt werden. Die Information über den einzustellenden Emissionsgrad kann dabei auf verschiedenen Wegen gewonnen werden

    • Experimentelle Bestimmung am realen Messobjekt oder einem charakteristischen Referenzobjekt mit vergleichbaren Infrarot-Strahlungseigenschaften.

    • Nutzung von selbst gewonnenen oder von Lieferanten übermittelten Angaben über das spezielle Material im typischen Zustand bei der Messung.

    • Suche nach Literaturangaben über Emissionsgrade von Proben gleichen Materials wie die des zu messenden mit möglichst vergleichbaren Oberflächeneigenschaften.

Umgebungstemperatur beachten

Bei einer Einstellung des Emissionsgrades abweichend von 1,0 geht die eingestellte Umgebungstemperatur in den Temperaturmesswert mit ein. In diesem Fall muss darauf geachtet werden, dass die Umgebungstemperatur (mittlere Strahlung der reflektierten Umgebungsobjekte) ebenfalls korrekt eingestellt wird.

  • Misst man im mittelwelligen Spektralbereich über Entfernungen ab ca. 10 m, ist es wichtig, auch die Beeinflussung der Strahlungsintensität durch die begrenzte atmosphärische Transmission in die Korrektur einzubeziehen. In diesem Fall ist es wichtig, neben dem Transmissionswert selbst auch die Temperatur des Messpfades möglichst korrekt einzustellen